
- Titel: Psychologie der Persönlichkeit
- Organisation: UNI KOELN
- Seitenzahl: 37
Inhalt
- Naive Persönlichkeitstheorie
- Die Alltagspsychologie besitzt nach Laucken (1974) zwei unterschiedliche Komponenten zur Beschreibung, Erklärung und Vorhersage des Verhaltens einer Person
- Zentral für das alltagspsychologische Verständnis der Persönlichkeit sind die Dispositionen, welche in einer Dispositionshierarchie organisiert sind. Diese Hierarchie besteht aus univer-sellen Dispositionen, über die fast alle Menschen verfügen, und aus
- Nach alltagspsychologischer Auffassung besteht die Persönlichkeit eines Menschen aus Persönlichkeitsdispositionen und Gestalteigenschaften, welche zusammen die individuellen Besonderheiten eines Menschen darstellen.
- Das psychoanalytische Paradigma
- Persönlichkeitskonzept
- Innere Reize
- Methodik
- Empirische Bewährung
- Bewertung
- Das behavioristische Paradigma
- Menschenbild & Persönlichkeitskonzept
- Methodik
- Empirische Bewährung
- Bewertung
- Das Eigenschaftsparadigma
- Menschenbild
- Persönlichkeitskonzept
- Methodik
- Empirische Bewährung
- Bewertung
- Menschenbild
- Persönlichkeitskonzept
- Methodik
- Empirische Bewährung
- Bewertung
- Das dynamisch-interaktionistische Paradigma
- Menschenbild
- Persönlichkeitsbereiche
- Gestalt
- Temperament
- Konditioniert
- Bedürfnisse und Motive
- L = Me * (1 – W) * W – Mm * (1 – W) * W.
- Annäherungstendenz
- Vermeidungstendenz
- gering
- Bewertungsdispositionen
- Persönlichkeitsentwicklung
- Stabilität und Kontinuität
- Einflüsse auf die Persönlichkeitsentwicklung
Vorschau
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Asendorpf, „Psychologie der Persönlichkeit“ Kap. 1 – 3, 4.1 – 4.3, 4.5, 4.6, 6
Weder die Autoren/innen, noch die Fachschaft Psychologie übernimmt irgendwelche Verantwortung für dieses Skript. Das Skript soll nicht die Lektüre der Prüfungsliteratur ersetzen. Verbesserungen und Korrekturen bitte an fs-psycho@uni-koeln.de mailen. Die Fachschaft dankt den AutorInnen im Namen aller Studierenden!
Version 1.0 (06/03/2004)
Asendorpf, „Psychologie der Persönlichkeit“
Kap. 1-3, 4.1-4.3, 4.5, 4.6, Naive Persönlichkeitstheorie
Die Alltagspsychologie besitzt nach Laucken (1974) zwei unterschiedliche Komponenten zur Beschreibung, Erklärung und Vorhersage des Verhaltens einer Person: die naive Prozeßtheorie (aktuell ablaufende Prozesse wie Wahrnehmung, kognitive Prozesse etc. beeinflussen das Verhalten; „kurzfristig“) und die naive Dispositionstheorie (⇒ Disposition: mittelfristig zeitlich stabiles Merkmal einer Person, das eine Person dazu disponiert, in einer bestimmten Situation auf eine bestimmte Art und Weise zu handeln. Dispositionen sind vererbt oder gelernt). In der naiven Prozeßtheorie befinden sich auf der einen Seite Akte (aktbefähigende Dispositionen: intellektuelle, soziale, körperliche Fähigkeiten, aktgestaltende Dispositionen: z.B. Umsicht, Humor) und auf der anderen Seite Inhalte, an denen sich die Akte vollziehen (inhaltsliefernde Dispositionen; z.B. Wissensvorrat, Neigungsdispositionen). Diese Theorien sind aller-dings nicht explizit präsent, sie werden intuitiv verwendet; sie schließen sich auch nicht gegenseitig aus. entral für das alltagspsychologische Verständnis der Persönlichkeit sind die Dispositionen, welche in einer Dispositionshierarchie organisiert sind. Diese Hierarchie besteht aus universellen Dispositionen, über die fast alle Menschen verfügen, und aus Persönlichkeitsdispositionen, über die nur wenige oder nur ein einziger Mensch verfügt (auch Gestaltmerkmale zählen hierzu). Nach alltagspsychologischer Auffassung besteht die Persönlichkeit eines Menschen aus Persönlichkeitsdispositionen und Gestalteigenschaften, welche zusammen die individuellen Besonderheiten eines Menschen darstellen. Individuelle Besonderheiten des Verhaltens sind alltagspsychologisch gesehen immer eine Funktion der Persönlichkeit und der Situation; daher wird die naive Persönlichkeitstheorie auch als funktionalistisch angesehen. Die naive Persönlichkeitstheorie erfüllt allerdings kaum die Qualitätskriterien für eine wissenschaftliche Theorie. Ihre Begrifflichkeiten sind nicht explizit genug, d.h. zu schwammig; die empirische Verankerung ist unzureichend (überdauernde Eigenschaft ab welcher Auftretenshäufigkeit eines Verhaltens?); es ist keine Widerspruchsfreiheit gewährleistet („Gleich & Gleich gesellt sich gern“ vs. „Gegensätze ziehen sich an“); da die naive Persönlichkeit unzureichend operationalisiert ist, ist ihre Prüfbarkeit nicht ausreichend; das Prinzip der Sparsamkeit wird massiv verletzt; die Produktivität ist gering, weil durch Verzettelung ein Erkenntnisfortschritt behindert wird. Sechs von acht Gütekriterien für
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Theorien sind damit nur mangelhaft erfüllt. Einzig und allein die Vollständigkeit und die Anwendbarkeit der naiven Persönlichkeitstheorie sind so stark ausgeprägt, daß eine schnelle, robuste Anwendbarkeit möglich ist, was im Alltag Priorität (gegenüber der „perfekt richtigen“ Lösung) besitzt. Paradigma: in der Wissenschaft ein Bündel von Leitsätzen, Fragestellungen und Methoden, das die Vorgehensweise einer größeren ahl Wissenschaftler in einer bestimmten (historischen) Periode charakterisiert.
Das psychoanalytische Paradigma
Menschenbild Ein einheitliches Paradigma der für die Persönlichkeitspsychologie relevanten Aussagen der Psychoanalyse existiert nicht, es werden zumindest die mehrheitsfähigen Aussagen dargestellt. Die Psychoanalyse beschäftigt sich (im Gegensatz zur Persönlichkeitspsychologie) primär mit pathologischen Störungen. Freud als Urvater der Psychoanalyse hat sich jedoch auch mit dem „Charakter“ beschäftigt, jener Teil seiner Theorie, der heute mit dem Begriff „Persönlichkeit“ belegt wird und der nicht-klinisch ist. Freud nahm an, daß jedwede menschliche Aktivität sich aus einer Energie speise, die auf Trieben beruhe; auch das „Seelenleben“ beruhe auf dieser Energie. Triebe würden nach Triebbefriedigung durch Entladung drängen. Da die Triebe jedoch nicht immer ad hoc befriedigt werden könnten, würden sie aufgrund von Spannungszuständen vielfach umgeformt oder umgelenkt. Von besonderer Bedeutung für Freud war in diesem usammenhang der Sexualtrieb, später auch aggressive Energie. Nach Freud sind es drei Instanzen, welche die Energie-verarbeitung regeln: das Es, dem Lustprinzip unterwor-fen, strebt nur nach Lustgewinn/Schmerzvermeidung; das Ich, dem Realitätsprinzip unterworfen, vermittelt zwischen der Außenwelt, dem Es und dem ÜberIch, normativ-kontrollierender Teil des Ich. Die drei Instan-zen bilden das Strukturmodell. Das topographische Modell der Bewußtseinsebenen teilt das Seelenleben ein in bewußte, vorbewußte und unbewußte Vorgänge/ Ebenen. Kritik: Die Psychoanalyse setzt sich hauptsächlich mit den irrationalen Elementen der Psyche auseinander; rationale Prozesse des Denkens, Handelns und Erlebens werden kaum thematisiert. Außerdem werden aggressive und sexuelle Motivationen auf Kosten anderer überbetont. Persönlichkeitskonzept Psychoanalytisch gesehen ist die Persönlichkeit doppelt bestimmt: sowohl durch die frühkindliche Fixierung auf eine bevorzugte Körperzone und die sich daraus ergebenden Verhaltenskonsequenzen als auch durch eine individuelle Form der Angstverarbeitung. Freud nahm an, daß jedes Kind im Laufe seiner Entwicklung die orale, anale und phallische Phase durchlaufe; das individuelle u- oder Abneigungsprofil der Eltern (zu große oder zu geringe uwendung während einer Phase) würde die Persönlichkeit beeinflussen, da eine Fixierung auf eben diese Phase stattfinde und jeder Phase ein „Charaktertyp“ entspreche (elterliches Verhalten ⇒ Fixierung ⇒ Charakter). Nach Freuds Theorie der Angstverarbeitung entsteht Angst bei einer Reizüberflutung des Ich; äußere Reize lösten „Realangst“, innere „neurotische Angst“ (Es) oder „moralische Angst“ (Über-Ich) aus. Dem Ich stünden nun verschiedene Formen von Abwehrmechanismen zur Verfügung (s.u.), das Entscheidende sei aber, daß jeder Mensch eine Bevorzugung für einen Bewältigungstyp entwickle. Heutige psychoanalytisch beeinflußte Theorien betonen stärker
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frühe Objektbeziehungen (frühkindliche Erfahrungen mit Eltern) für die Persönlichkeitsentwicklung.
Mechanismus Wehrt ab Durch Verdrängung Innere und äußere Reize Verdrängung ins Unbewußte Projektion Innere Reize Projektion eigener Triebimpulse auf andere Verschiebung Innere Reize Verschiebung des Triebziels auf anderes Objekt Reaktionsbildung Innere Reize Verkehrung ins Gegenteil Verleugnung Äußere Reize Nicht wahrhaben wollen Rationalisierung Eigenes Verhalten Umdeutung in akzeptables Verhalten Sublimierung Innere Reize Befriedigung durch Ersatzhandlungen Regression Trauma Rückzug auf frühkindliche Stufe Kritik: auch hier sind die zentralen Begriffe mangelhaft empirisch verankert. Es sind wohl Erklärungen anhand der Psychoanalyse möglich, nicht aber Vorhersagen (⇒ hermeneutische Wissenschaft). Methodik Durch freies Assoziieren sollten die Patienten dazu gebracht werden, unbewußte Triebimpulse und damit Konflikte zu äußern. Von eit zu eit bot Freud Interpretationen an; akzeptierte der Patient nicht, deutete Freud dies als unbewußten Widerstand (er sah es als Bestätigung für den „kritischen Punkt“). Akzeptierte der Patient eine Interpretation sowohl rational als auch emotional, war er geheilt. Kritik: Es sind rein theoretisch auch Spontanremissionen möglich, die unabhängig von einer Therapie zur Heilung führen. Außerdem ist schwer zu sagen, ob eine Interpretation des Gesagten zutrifft oder nicht, da Widerstand nicht notwendig auf einem inneren Konflikt beruhen muß, auch ein Mangel an Einsicht kann zu Abwehr führen. Die Suggestivwirkung des Therapeuten kann auch künstlich Probleme erzeugen oder zu einer selbsterfüllenden Prophezeihung werden: was vorhergesagt wird, wird fast immer bestätigt. Auch der Bezug zu Kindheitserinnerungen ist problematisch (Verzerrungen). Aufgrund der nicht-repräsentativen Stichprobe (Freud entwickelte sein Konzept hauptsächlich anhand von neurotischen Patienten) müssen auch die daraus abgeleiteten Annahmen nicht allgemeingültig sein. Die Psychoanalyse erfüllt die Qualitätskriterien für Theorien nur mangelhaft und ist aus methodischen Gründen keine empirische Wissenschaft. Empirische Bewährung Überprüfungsversuche psychoanalytischer Persönlichkeitsannahmen gingen fast immer negativ aus: entweder waren die zugrundeliegenden Konzepte zu schwammig definiert, oder die Konzepte konnten zwar operationalisiert, aber nicht bestätigt werden. Es gibt z.B. weder empirische Evidenz für die von Freud angenommene orale, anale oder genitale Phase, noch für eine Verbindung zwischen einer Fixierung auf eine bestimmte Phase und späterem Charakter. Das Konzept unbewußter Prozesse und Abwehrmechanismen erwies sich jedoch als fruchtbar. Der Abwehrstil ist im Erwachsenenalter recht stabil. Freud interessierte sich vor allem für die durch innere Bedrohungen ausgelöste neurotische Angst. Verdrängung sollte als Abwehrstil dann auftreten, wenn eine Person sozial unerwünschte oder sexuelle Impulse abwehrt, um ein tadelloses Selbstbild aufrechterhalten zu können (⇒ die Person ist ein Represser). Diese Personen sollten bewußt keine Angst empfinden (sie verdrängen ja ins Unterbewußtsein), aber unbewußt Angst empfinden, was sich z.B. physiologisch zeigen würde (z.B. erhöhte