Jugendsprache

  • Titel: Jugendsprache
  • Autor: Seddi
  • Organisation: UNI LEIPZIG
  • Seitenzahl: 7

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Inhalt

  • Examensvorbereitung Soziologie von Sascha Poser im Frühjahr
  • Examensvorbereitung Soziologie von Sascha Poser im Frühjahr

Vorschau

Examensvorbereitung: Soziologie von Sascha Poser im Frühjahr 2005

Jugendsprache • • Jugendsprache ist Ausdruck soziokultureller Lebensstile im jeweiligen gesellschaftlichen Kontext. Es gibt demzufolge nicht die Jugendsprache, sondern kontextabhängige Varianten jugendlicher Sprachstile – insbesondere deshalb weil es auch nicht die Jugend gibt. Jugendsprache ist an bestimmte Grammatik und Lexik (1) und an bestimmte Situation (2) gebunden, in der kommuniziert wird, weshalb je nach Forschungsansatz zwischen jugendlichem Sprachregister oder soziokulturellem Stil unterschieden wird. Die Jugendsprachforschung untersucht heute Funktionen und Verwendungsweisen jugendsprachlicher Ausdrucksmittel in sozialen Lebenszusammenhängen. Was wir allgemein unter Jugendsprache verstehen ist zumeist medienvermittelt – und damit von Erwachsenen inszeniert, denn Tagebücher, SMS-Verzeichnisse, etc. bleiben verschlossen. Die Datenerhebung durch Fragebögen ist oft lückenhaft, da Jugendsprache ein Phänomen der gesprochenen Sprache ist und der Bogen zahlreiche Kontextfaktoren nicht erfassen kann. Die Methode der teilnehmenden Beobachtung kann da Abhilfe schaffen und wichtige Information zur Verwendung und Beschränkungen liefern. Integrative Ansätze versuchen beide Methoden zu koppeln.

Forschungsgeschichte • Forschung zur Jugendsprache ist Spiegelbild der jeweiligen gesellschaftlichen Verhältnisse, Meinungen und Haltung gegenüber der Jugend. • Jugendsprachforschung seit den 50iger Jahren, da sich eigenständige Jugendkultur herausbildet (Rock ’n’ Roll) • Der Wertewandel in den späten 50igern und dessen Auswirkung auf die Sprachverwendung (anglophone Einflüsse) gaben entscheidende Impulse. • Jugendsprache als Auseinandersetzung mit der Kultur der Erwachsenen. • Sprach- und ideologiekritische Jugendsprachforschung o Sprachverfall o Jugendsprache = Sondersprache o Pauschalisierte Stigmatisierung der Jugendsprache

Age-Grading Forschungsansatz iel • Jedem sozialen Alter liege unterschiedliches Sprachgebrauchsmuster zugrunde, das durch spezifische Merkmale (social marker) beschreibbar ist. • jugendspezifische Marker sollen ermittelt werden, die dann „youth register“ ergeben • atersexklusive und alterspräferentielle Marker • Aussagen zum usammenhang zwischen lebensgeschichtlicher Entwicklung der Jugendlichen und sprachfunktionaler Aspekte sollen getroffen werden. Methode • Wortsammlungen durch Fragebögen Ergebnisse • alterspräferentielles Merkmal: die Verwendung des Substandard in Kontexten in den anderes Altersgruppen diesen möglicherweise als unangemessen einstufen würden. • Jugendliche verwenden häufiger dialektale, informelle, mündliche Varianten als Erwachsene • atersexklusives Merkmal: siehe unten (Henne)

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Examensvorbereitung: Soziologie von Sascha Poser im Frühjahr 2005

Kritik • Die Verwendung des Substandard ist nicht auf die Gruppe der jugendlichen Sprecher begrenzt. Welche Teile werden bevorzugt? Die am meisten Stigmatisierten? • Strukturelle Beschaffenheit des Wortschatzes und pragmatische Aspekte bleiben unberücksichtigt. Lexikographischer Forschungsansatz (Henne, Schlobinski) iel • strukturelle Konturen herausarbeiten Methode • Wortsammlungen durch Fragebögen Ergebnisse • Henne ermittelt, dass bestimmte strukturelle Merkmale favorisiert werden, womit ein Gruppenübergreifender „Jugendton“ beschrieben werden könne o Grüße, Anreden, Namen, Partnerbezeichnungen o Sprüche, Gesprächspartikel (ey), Intensivierung (total, super) o stereotype Floskeln (würd ich sagen) o Lautwörterkommunikation (würg) o Neuwörter, Wortbedeutungserweiterung (Bildung mit Präfix -mäßig) o Wortspiele mit kulturspezifischen Begriffen o emotionaler, expressiver, umgangssprachlicher Ton (Tabuwörter) o Anglizismen • Häufigkeit der Verwendung stigmatisierter Varianten nimmt ab, je mehr sich Sprecher dem Erwachsenenalter nähert. • Verwendung abhängig von sozialer Herkunft (passiv) und Gruppenzugehörigkeit (aktiv). • Jugendsprache als Auslöser für lexikalischen Wandel der Gegenwartssprache. DUW hat inzwischen fast alle Wörter der Wuppertaler Liste aufgenommen (Bedeutungsvarianten, Neubildungen).

Kritik • voreingestellte Lexikographie, die alles sammelt und soziolektale, dialektale, kontextuelle Merkmale vernachlässigt • Jugendsprache ist i.d.R. an die Mündlichkeit gebunden. Fragebögen vernachlässigen deshalb viele Aspekte. Sie ermitteln lediglich Sprachwissensstrukturen und keine Aspekte der Sprachverwendung („Fragebogenjugendsprache“) Ethnographischer Forschungsansatz (Schlobinski, Neuland, Martin, Chovan) iel • Verwendungsbedingungen ermitteln (funktionale Sprachregister werden ermittelt) • differenzierteren Einblick gewinnen Methode • durch teilnehmende Bobachtung wird das Sprechen in verschiedenen Verhaltenskontexten untersucht Ergebnisse (Wuppertaler Fragebogen – Lexikographie mit Daten zur Matrix) • Es zeigt sich, dass Jugendliche unterschiedlichste Versatzstücke aus verschiedenen kulturellen und medialen Kontexten herauslösen und neu kombinieren und durch diese Verwendungsform etwas qualitativ „Neues“ schaffen (=Bricolage). (innere Mehrsprachigkeit)


Examensvorbereitung: Soziologie von Sascha Poser im Frühjahr 2005

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Intertextuelles Spielfeld der Jugendkultur speist sich aus den Massenmedien (Medienwissen) und jugendkulturspezifischen Ressourcen (Musik) Jugendsprache als Resultat der Orientierung an Unterhaltung und Wettbewerb? Sprachstile nicht Teil einer Gegenkultur, sondern Ausdruck „gesammelter“ Teilkulturen, denn Jugendliche sympathisieren / spielen oft mit mehreren soziokulturellen Lebensstilen (= soziale Identität; Funktion: soziale Distinktion nach Außen, soziale Identifikation nach innen: durch die Übernahme in die Öffentlichkeit bzw. den Markt werden jugendsprachlichen Ausdrücken diese Funktionen genommen, da sie „entschärft“ werden und zum allgemeinen Konsumstil verkommen = Re-Standardisierung) Stilwandel der Jugendsprache (De-Standardisierung) und Sprachwandel der Standardsprache (Re-Standardisierung) o Jugendsprache ist gruppeninternes Ausdruckmittel, das heute weniger der Abgrenzung, als der lockeren, spielerischen Kommunikation innerhalb der Gruppe dient. ABER: Berufsjugendliche in den Medien Medial vorgefertigte Stilmuster oder jugendliche Kreativität? o Jugendliche Lebensstile werden durch Musik, Mode, Medien beeinflusst. Diese Felder bilden den Kommunikationsrahmen, in dem Jugendliche Experten sind. o Jugendkultur: kulturelle Praktiken und symbolische Ausdruckformen, die nur der jüngeren Generation eigen sind. o Kultur- und Medienindustrie o Internationale Dimension o Pluralisierung der Lebensstile und sprachliche Differenzierung o „Jugendwahn“ der Gesellschaft Grad der „Jugendsprachlichkeit“ variiert je nach Sprechakt und Situation. Jugendlich verfügen über zahlreiche spezifische Stilmuster, und Wissen in welcher Situation auf welches Muster zurückgriffen werden muss, damit Kommunikation gelingt. o In Unterrichtssituation wirkt Intervention des Lehrenden häufig normierend. Interaktion abhängig von der Quantität und Qualität des geteilten Wissen, dem Gruppencharakter (natürlich, künstlich), dem Grad sozialer Kontrolle. hohe Intimität, unstrukturierte Situation, lebhaft ausgelassene Stimmung sind ideale Ausgangsbedingungen für die Entwicklung kreativer Stilbasteleien (A.) Gesprächsthema: Sprechen über ernste Themen (Politik oder fachspezifisches Thema) enthält weniger jugendsprachliche Ausdrücke Jugendsprache wird beschrieben als soziokultureller Stil, um die gruppenspezifischen Besonderheiten der Stilbildung und der raschen unsystematischen Veränderung besser zu erfassen. stilistische Strategien: Ironisierung, Selbstironie, Wertung, Übertreibung Selbstprofilierung, Solidarität, Distanzierung Tabubruch, aber neue wänge: Spaßzwang… kollektives Sprechen: ein Stichwort genügt und das Gespräch läuft Assoziationsketten kompetetives Sprechen (verbale Duelle), assoziatives Sprechen, imitative Sprechweise, gemeinsames Fantasieren und Parodieren (Spiel mit / Austesten von Identitäten, Borgen von Stimmen – Schwuli- eit)

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