- Titel: Hermann von Vicari und Ignaz Heinrich von Wessenberg
- Autor: stertz
- Organisation: UNI FREIBURG
- Seitenzahl: 25
Inhalt
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Vorschau
Sonderdrucke aus der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
KARL-HEIN BRAUN
Hermann von Vicari und Ignaz Heinrich von Wessenberg
wei Prälaten im kirchenpolitischen Vergleich
Originalbeitrag erschienen in: Freiburger Diözesan-Archiv 107 (1987), S. [213] – 236
Hermann von Vicari und Ignaz Heinrich von Wessenberg
wei Prälaten im kirchenpolitischen Vergleich* Von Karl-Heinz Braun Kann man einen Erzbischof mit einem nicht reüssierten Bistumsverweser vergleichen, ohne von vornherein, ins Fahrwasser ihrer Wirkungsgeschichte kommed, den einen als „Kämpfer für die Kirche”‘ hoch zu preisen und den anderen in der Sichtweise kurialer Akten „als selbstverständliches Synonym für boshafte und unkirchliche Haltung”‘ abzulehnen? Ich will es versuchen in der Hoffnung, dabei auch ihrer je eigenen Persön-lichkeit gerecht zu werden. u bedenken gilt, daß die Konkretion geschweige denn die Rezeption einer Kirchenpolitik nicht gleichgesetzt werden darf mit persönlichem Engagement in der Öffentlichkeit eines mehr oder weniger größeren kirchlichen oder gesellschaftlichen Bereichs. Beispielsweise evoziert etwa Thomas Nipperdeys Darstellung des Staat-Kirche-Verhältnisses,’ der Freiburger Erzbischof Hermann von Vicari habe „sehr geplant” einen Kampf gegen das Staatskirchentum aufgenommen, so als hätte er mit berechnendem Kalkül den Staat in seinen Schwächen treffen wollen, damit am Ende das ganze System nach seiner Fnon auszusehen habe. Die Darstellung eines solchen politischen Machtstrebens wird der Persönlichkeit von Vicaris keineswegs gerecht, zumal hier eine zum Teil erfolgreiche Wirkungsgeschichte zwar auf einen Nenner reduziert wird, die dabei maßgeblichen Faktorenänderungen jedoch außer acht gelassen werden. Eine ähnliche Mißdeutung erfuhr Ignaz Heinrich von Wessenberg, der schon bei seinen eitgenossen immer dann herhalten mußte, wenn es etwas
* Vortrag, gehalten am 12. 5. 1987 vor der Jahresversammlung des Kirchengeschichtlichen Vereins für das Erzbistum Freiburg. Der Vortragscharakter wurde beibehalten. über von Vicari: K.-H. Braun: E. Gatz (Hrsg.), Die Bischöfe der deutschsprachigen Länder 1785/1803 bis 1945. Ein biographisches Lexikon (Berlin 1983) 774-8; demnächst: K.-H. Braun, Hermann von Vicari und die Erzbischofswahlen in Baden. Ein Beitrag zu seiner Biographie; zu von Wessenberg: K.-H Braun: E. Gatz, 808-12. 1 H. Brück, Die oberrheinische Kirchenprovinz von ihrer Gründung bis zur Gegenwart, mit besonderer Berücksichtigung des Verhältnisses der Kirche zur Staatsgewalt (Mainz 1868) 520. 2 H. H. Schwedt, Augustin Theiner und Pius I : E. Gatz (Hrsg.), Römische Kurie. Kirchliche Finanzen. Vatikanisches Archiv. Studien zu Ehren von Hermann Hoberg. weiter Teil ( … Miscellanea Historiae Pontificiae 46) (Roma 1979) 832. 3 T Nipperdey, Deutsche Geschichte 1800-1866. Bürgerwelt und starker Staat (München 1983) 422.
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gegen römische oder zumindest hochoffizielle Kirchenmänner zu sagen galt. Mit dieser Stimmung gestaltete auch Max Dufner-Greif sein Theaterstück „Wessenberg. Ein dramatischer Bericht (Stuttgart 1942)”. Den Heidenfischer läßt er zu von Wessenberg sagen: „Sie sin kei römischer Pfaff, Herr Bischof, Sie sin e rächder Ma us euserem alemannische Volch.” 4 „Die vergebliche Mühe eines gescheitert scheinenden Mannes” 5 sollte schon deshalb verbreitet werden, damit päpstliche Politik vereitelt werde. Dufner-Greif legt darum Papst Pius VII. folgende Worte in den Mund: „0 mein Herr und mein Gott! Es ist alles nur dein Wille, dem wir dienen! Darum ist auch mehr als nur Menschenmacht in unserem Urteil! Wir löschen diesen deutschen Ketzer aus dem Gedächtnis des Lebens aus! Es sollen keine Flugschriften und eitungen mehr seinen Namen nennen! Wessenberg muß totgeschwiegen werden! In alle ukunft!” 8 war entbehrt dieses itat einer historischen. Verifikation, als Ergebnis einer Wirkungsgeschichte kann es an einigen Ereignissen im Leben von Wessenbergs aufgezeigt werden. So wurde selbst von Wessenbergs Grab samt der Grabplatte im Münster zu Konstanz mit dem Gestühl im linken Seitenschiff verdeckt. Nichts sollte im Münster zu Konstanz an ihn erinnern. Conrad Gröber war es, der als Münsterpfarrer die Grabplatte wieder freilegen ließ. Auf Grund seiner eigenen sehr bedeutsamen Wessenbergstudien konnte er diese bis heute lebendige Konstanzer Identifikationsgestalt besser würdigen als seine Vorgänger.”‘ Verläßt man das Münster an der Nordseite und besucht die daneben liegende Konradikirche, heute Christuskirche genannt, so findet man auf dem Schriftenstand eine Informationsschrift, die von Wessenberg gar als Vorkämpfer des Altkatholizismus hinstellt. Die Altkatholiken von Konstanz las sen sich gern als „Wessenberg-Gemeinde” ansprechen: „Die starke Beschäftigung mit Ignaz Heinrich von Wessenberg soll deutlich machen, daß sich. die alt-katholische Kirchengemeinde Konstanz nicht nur in einem theologischen, sondern auch in einem direkten historischen Kontinuum mit der alten vorvatikanischen Katholischen Kirche weiß.” 8 Da die Altkatholiken in Wes-
M. Dufner-Greif, 138. Ebd., 5. 6 Ebd., 92. 7 C. Gröber, Heinrich Ignaz Freiherr von Wessenberg: FDA 55 (1927) 362-509 und 56 (1928) 294-435; über Gröber: E. Gatz: ders, Die Bischöfe, 258-60 (Lit.), B. Schwalbach, Erzbischof Conrad Gröber und die nationalsozialistische Diktatur. Eine Studie zum Episkopat des Metropoliten der Oberrheinischen Kirchenprovinz während des Dritten Reiches (Karlsruhe 1986); R. Bäumer, Erzbischof Conrad Gröber und der Nationalsozialismus. Anmerkungen zu Bruno Schwalbach, Erzbischof Conrad Gröber und die nationalsozialistische Diktatur (1986): FDA 106 (1986) 161-71. 8 Wessenberg und die Alt-Katholische Kirchengemeinde Konstanz. Hrsg. vom Alt-Katholischen Stadtpfarramt Konstanz, Otto-Raggenbaß-Straße 11.