Vom Vogelflügel zur Windturbine

  • Titel: Vom Vogelflügel zur Windturbine
  • Organisation: TU BERLIN

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Inhalt

  • Vom Vogelflügel zur Windturbine BERWIAN
  • GROWIAN und BERWIAN
  • Windenergiekonzentration im Spiegel der Patente
  • v v P P
  • Bild Der Deltaflügel als Windenergiekonzentrator
  • Exkurs in die Elektrotechnik
  • Bild WirbelspulenWicklung durch Flügelrotation
  • Wirbelspule am gespreizten Vogelflügel
  • Bild Prinzip a und Realisierung b einer SpulenSelbstwicklung
  • Vom Spreizflügel zum Windkonzentrator
  • Bild Der WirbelspulenWindenergieKonzentrator
  • Theorie der doppelten Wirbelschichtspule
  • Mechanischkinematische Deutung der Theorie
  • Bild Kinematisches Modell der doppelten Wirbelspulenschicht
  • BewegungsAnalyse zum Bild
  • cos i cos i cos a cos a
  • sin i sin i sin a sin a
  • Hinzu kommen die Randbedingungen
  • v v v v u u
  • ges d sin i
  • ges D sin a
  • Ergebnis der Theorie Die Konzentratorformeln
  • ges c tz a d v d
  • Bild Strömungsbild in einer doppelten Wirbelschichtspule
  • Leistung einer Windkraftanlage
  • Bild Zur Ableitung der BETZFormel
  • L F v v v v
  • Es werde der Wirkungsgrad definiert cp
  • Leistung von BERWIAN
  • v K vSpule Wind
  • Bild Aufweitung einer Wirbelspule
  • d v dd d d c c

Vorschau

Vorlesung Bionik I im Winter 00/01 – Ingo Rechenberg, TU Berlin

Vom Vogelflügel zur Windturbine BERWIAN

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GROWIAN und BERWIAN

GROWIAN hieß die Riesen-Windkraftanlage, die 1985 auf dem KaiserWilhelm-Koog errichtet wurde. GROWIAN ist das Akronym für „Große Windkraft-Anlage“. Der 100 Meter messende Rotor von GROWIAN rotierte mit 18 Umdrehungen pro Minute. Selbst in den Anfangszeiten des Maschinenbaus drehten die Motoren schneller. Leistung ist bekanntlich das Produkt: Drehzahl mal Drehmoment. Ein Windmotor, der mit nur 18 U/min dreht, muss demnach seine Leistung vornehmlich aus Kräften herausholen. Eben das riesige Drehmoment am GROWIANRotor führte zu enormen Festigkeitsproblemen, so dass die Anlage alsbald abgerissen werden musste. BERWIAN verfolgt eine andere Philosophie: Es gilt, mit kleinen schnelllaufenden Rotoren zu arbeiten, damit, wie im modernen Motorenbau üblich, Leistung mehr aus der Drehzahl und weniger aus den Kräften geerntet wird. BERWIAN, von Berliner Bionikern entwickelt, ist das Akronym für „Berliner Windkraft-Anlage“. war gibt es in der Natur kein studierenswertes Vorbild für direkte Windenergienutzung. Lediglich die Portugiesische Galeere genannte Qualle hat ein primitives Segel zur Fortbewegung auf dem Wasser entwickelt. Jedoch hat die Natur einen Windbeschleuniger erfunden. Es ist der aufgespreizte Vogelflügel, der wie ein rotationsloser Propeller arbeitet und so den Anströmwind beschleunigt. In einem verdichteten kontrahierten Windstrom ließe sich aber mit kleineren Rotoren arbeiten, die zwangsläufig auch schneller drehen. So wurde der aufgespreizte Vogelflügel zum

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Windkonzentrator umfunktioniert. Was dabei herauskam sieht dem Vogelflügel kaum noch ähnlich. Dies entspricht der Philosophie der Bionik, nicht auf plumpe Äußerlichkeiten zu setzen, sondern tieferliegende Prinzipien eines biologischen Vorbilds zu nutzen. Schließlich soll nicht verschwiegen werden, dass BERWIAN bisher nicht den großen Durchbruch in der Windenergienutzung gebracht hat. Gar zu genial ist die fast verlustfreie rotative Aberntung eines Windenergiefeldes durch einen großen Windmühlenflügel. Und 5 Jahre Entwicklungsarbeit an der neuen Idee konnte den Vorsprung des Jahrhunderte alten klassischen Systems nicht einholen. Doch das Prinzip ist entwicklungsfähig und zudem ein Paradebeispiel bionischer Forschung.

Windenergiekonzentration im Spiegel der Patente

Windenergie zu verdichten, ehe sie einen Rotor antreibt, ist ein uralter Wunsch der Windkraftingenieure. Die Erfindung, die immer wieder gemacht wird, ist der Windtrichter (Bild 4-1). „Klein-Fritzchen“ stellt sich seine Funktion so vor: aus F2 = 1 F1 folgt 4

v2 = 4 ⋅ v1 ” P2 = 16 ⋅ P1 “

Bild 4-1: Das Paradoxon des Windtrichters. Der Trichter möge seinen Querschnitt auf ein Viertel reduzieren. Wenn aller Wind durch den Trichter gepresst werden würde, vervierfachte sich nach der Kontinuitätsgleichung die Geschwindigkeit. Da die pro eiteinheit durchgesetzte Strömungsenergie mit der dritten Potenz der Geschwindigkeit steigt, wäre die Windleistung im Querschnitt F2 gleich dem 16-fachen der Leistung im Querschnitt F1. Das ist unmöglich. Da hilft auch nicht, wenn ein Erfinder im Heft 6/86 der eitschrift Sonnenergie einen riesigen Fallschirm mit einem Loch im entrum als Trichter vor einen Windrotor setzt und obige Rechnung zugrunde legt.

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Messungen am Windtrichter zeigen, dass das Prinzip nahezu unwirksam ist. Die Physik hilft sich, indem der meiste Wind am Trichter herumstreicht. Es ist für den Laien schwer zu verstehen, dass der umgedrehte Trichter das Problem der Windbeschleunigung löst. Das Funktionsprinzip wird besser verständlich, wenn man die geradlinige Trichterwandung als Tragflügelprofil ausbildet (Bild 4-2). Ein angestellter Tragflügel erzeugt bekanntlich auf seiner Oberseite einen Unterdruck ( ) und damit verbunden eine erhöhte Geschwindigkeit. Durch den Gegentragflügel wird dieser Effekt verstärkt. Es entsteht die sogenannte Mantelturbine, die zu den wirksamsten Konzentratorkonstruktionen gehört.

Bild 4-2: Vom umgedrehten Trichter zur Mantelturbine. Eine imposante Entwicklung stellt der Deltaflügel-Windkonzentrator dar (Bild 4-3). An einem zum Wind angestellten Deltaflügel bilden sich als Folge des Druckunterschieds zwischen Ober- und Unterseite des Flügels zwei besonders kräftige Kantenwirbel heraus. In diese energiebündelnden Randwirbel wurden Windrotoren eingebracht. Die Nutzung von Randwirbeln, wie sie am Ende eines jeden Tragflügels auftreten, wird sich weiter unten als Schlüsselidee zur Windenergiekonzentration erweisen.

Bild 4-3: Der Deltaflügel als Windenergiekonzentrator.