
- Titel: Honigbienengenetik
- Autor: Boss
- Organisation: UNI HOHENHEIM
- Seitenzahl: 7
Inhalt
- UNIVERSITÄT HOHENHEIM
- LANDESANSTALT FÜR BIENENKUNDE Dr Peter Rosenkranz
- Telefon Fax Email Internet
- Allgemeines und Begriffserläuterungen
- Besonderheiten der Honigbienengenetik Geschlechtsbestimmung bei Honigbienen
- Schema der Geschlechtsbestimmung nach Tom Glenn
- Schema der Mehrfachpaarung nach Tom Glenn
- Auftreten von Kasten
Vorschau
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UNIVERSITÄT HOHENHEIM
LANDESANSTALT FÜR BIENENKUNDE Dr. Peter Rosenkranz
Bienenblock 2006
Telefon (0711) 459 Fax (0711) 459 – Email: Internet
2659 2233 bienero@uni-hohenheim.de uni-hohenheim.de/bienenkunde
Honigbienengenetik
1. Allgemeines und Begriffserläuterungen
Die Vererbung von Eigenschaften eines Individuums (Körpermerkmale und Verhalten) auf seine Nachkommen beruht auf der Wirkung von Genen. Gene sind selbstreproduzierbare (z.B. Mitosen bei der ellteilung) Einheiten, die für die Ausprägung von einem (manchmal auch mehreren) Merkmalen des Individuums verantwortlich sind (die Gesamtheit aller Gene bezeichnet man als Genotyp, im Gegensatz zum Phänotyp, der für die Gestalt des Individuums, also den aus den Genen gebildeten Merkmalen steht). Gene sind fast immer auf den Chromosomen im ellkern einer elle lokalisiert. Die Chromosomen bestehen letztendlich aus der DNS (DesoxyriboNukleinSäure), die in zusammengefalteter Form zusammen mit einigen Hüllproteinen die Chromosomenstruktur bildet. Meist enthält ein ellkern mehrere Chromosomen (die Anzahl der Chromosomen ist innerhalb einer Art immer gleich). Im allgemeinen sind die Chromosomen in allen Körperzellen eines Individuums identisch (und damit auch die potentiellen Erbanlagen aller Körperzellen). Bei den meisten höheren Tieren liegen die Chromosomen in doppelter, also diploider, Ausführung vor (bei der Honigbiene 2 x 16 Chromosomen). Eines dieser Chromosomen stammt vom Vater, eines von der Mutter. Einen einfachen Chromosomensatz nennt man haploid (haploid sind z.B. die Geschlechtszellen, siehe unten). Auf diesen Chromosomen liegen die Gene auf ganz bestimmten Genorten (Loci). Auf den beiden homologen Chromosomen (so bezeichnet man die vom Vater und Mutter stammenden entsprechenden Chromosomen) sind jeweils an den gleichen Stellen diejenigen Loci vorhanden, die Gene für ein bestimmtes Merkmal enthalten (z.B. Körperfarbe). Solche Gene, die auf einem bestimmten Loci auf beiden Chromosomen vorhanden sind, nennt man Allele. Sind die Gene auf den beiden homologen Chromosomen identisch (z.B. gleiche Körperfarbe), so ist das Individuum für den betreffenden Genort homozygot. Sind
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die Gene unterschiedlich (z.B. verschiedene Körperfarbe) so ist das Individuum für diesen Locus heterozygot. Als Allel bezeichnet man einen Genort, der für bestimmte Eigenschaften codiert. Diese Allele, die sich also immer am selben Genort befinden, können in verschiedenen Ausprägungen auftreten (z.B. verschiedene Sexallele bei Honigienen). Ist die Genwirkung dominant, so wird das entsprechende Allel auf dem homologen Chromosom unterdrückt. Dieses Gen ist rezessiv. So ist z.B. das Gen für die Mutante “cordovan” (=lederfarben) rezessiv. Das heißt, wenn die Allele am Genort des Chromosoms für die Ausbildung der Körperfarbe unterschiedlich (= heterozygot) sind (cordovan x wildtyp; “wildtyp” ist immer die natürliche Ausprägung, in diesem Fall also dunkle Körperfarbe), resultiert daraus eine normal dunkle Biene: das wildtyp-Gen unterdrückt das cordovan-Gen, es ist dominant. Erst wenn auf beiden homologen Chromosomen das cordovan-Gen vorkommt, wird die cordovan-Mutante (Mutante = Abweichung vom Wildtyp) ausgeprägt. Cordovan-Mutanten werden verwendet, um die Paarungssicherheit von Belegstellen zu überprüfen: Bei reinen Cordovan-Königin und Cordovan-Drohnenvölkern auf der Belegstelle treten nur dann wildtypen bei den Nachkommen (Arbeiterinnen) der hier begatteten Königinnen auf, wenn fremde Drohnen von außerhalb der Belegstelle zur Begattung gekommen sind.
Cordovan-Test: Nur wenn Cordovan-Königinnen von Cordovan-Drohnen begattet wurden, sind die Arbeiterinnen Cordovan-farbig. Der Anteil von nich-Cordovan-Arbeiterinnen ist ein Maß für die „Fehlpaarungen“ auf der Belegstelle (nach Tom Glenn).
Solche „Fehlpaarungen“ lassen sich heute natürlich mit molekularbiologischen Methoden rascher und exakter bestimmen.
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2.
Sexuelle Fortpflanzung
Bei der sexuellen Fortpflanzung (= geschlechtlichen Fortpflanzung) wird während der Bildung der Geschlechtszellen (Eizellen und Spermien) zunächst der doppelte Chromosomensatz auf einen einfachen Satz reduziert (Reifeteilung oder Reduktionsteilung oder Meiose). Dabei werden aus dem doppelten Chromosomensatz väterliche und mütterliche Chromosomen (mehr oder weniger zufällig) “gemischt”. Nach der Befruchtung, also nach Verschmelzung von Ei- und Samenzelle entsteht so wieder ein diploider Organismus (zunächst in Form der befruchteten Eizelle), der durch einfache ellteilungen (Mitosen) bis zur Geschlechtsreife wächst. 3. Mendelsche Regeln
Die Vererbung von Genen folgt bestimmten Gesetzen. Erste Grundlagen hierfür wurden von Gregor Mendel im Jahr 1865 mit seinen 3 Regeln aufgestellt: Uniformitätsgesetz (1) Werden zwei reine Linien, die sich in einem Genort unterscheiden (aber innerhalb der Linie für dieses Allel homozygoz sind) gekreuzt, so sind die Nachkommen der F1Generation (= 1. Filial- oder Tochtergeneration) für dieses Merkmal einheitlich. Bei dominantem Erbgang entspricht die F1 dem Partner mit dem dominanten Gen, bei intermediärem Erbgang gibt es in der F1 wischenstufen beider Eltern (z.B. aus Körperfarbe blau und rot wird lila). Spaltungsgesetz (2) In der F2-Generation spalten diese Merkmale wieder auf (s. unten) in einem Verhältnis, das vom Erbgang (dominan bzw. intermediär) abhängig ist.
Rekombinationsgesetz (Unabhängigkeitsgesetz) (3) Die Erbanlagen der beiden Eltern werden bei der Bildung der Geschlechtszellen unabhängig voneinander aufgeteilt.
4. •
usätzliche allgemeine Anmerkungen zur Vererbung: Die komplexen Vorgänge bei der Vererbung können natürlich nicht allein durch die Mendelschen Gesetzte erklärt werden. usätzlich kommt es z.B. bei der Reifeteilung zum Austausch von Chromosomenstücken zwischen väterlichen und mütterlichen Chromosomen (“crossing over”), zwischen bestimmten Genen gibt es “Koppelungen” und bestimmte Gene können auf verschiedene Weise Gene an anderen Loci beeinflussen (epistatische Wirkungen).